[gelöst] PS3 Bedienung reagiert nicht / startet automatisch mit Fan-Test

Begonnen von Takeshi, 06. November 2013, 23:22:47

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Takeshi

Mal wieder hat mir ein User eine PS3 mit einem recht seltsamen Fehler geschickt und ich möchte euch die Lösung nicht vorenthalten und euch einen Einblick gewähren, wie man solch einm Fehler auf die Schliche kommen kann.
Hab bisher noch nie von einem solchen Problem gehört, aber vielleicht tauchen ja jetzt auch wieder mehrere Konsolen mit dem Fehler auf, wie damals bei der v7 (klick). Witzig wäre es ja.


Der Patient ...

... ist eine PS3 v6 (CECHL04, 80 GB, VER-001), kam mit dem Fehler an, dass die Konsole nach Umlegen des Netzschalters sich automatisch einschaltete und den FAN-Test startete. Mir mir tat sich zuerst gar nichts, die PS3 startete normal im Standby und reagierte nicht, bei der ganzen Bastelei kam es dann mal vor, dass die PS3 mit dem Fan-Test startete oder wieder in Standby und nicht reagierte.

Wer den gleichen Fehler hat und wen es nicht interessiert wieso weshalb warum, der kann den nächsten Punkt überspringen und direkt zur Reparatur übergehen.


Auf der Suche nach der Ursache

Die erste Vermutung war, dass die Schaltung für die Berührungssensoren tatsächlich ein Signal für "Eject gedrückt" ausgibt. Dazu muss man wissen, dass der SysCon (hier SW-301) für beide Taster eine Leitung hat, auf der normalerweise 3,3V anliegen und bei Berührung 0 V. Wie sich durch optische Prüfung herausstellte, schienen die Chips vom Bedienteil die gleichen wie in den alten Modellen v2 und v3 zu sein und da es zu den Modellen Service Manuals gibt, hab ich mir dort angeguckt, an welchen Pins das Signal zum SysCon geht. Gemessen und es bestätigte sich, der SysCon reagiert genau richtig. Wenn die PS3 mit dem Fan-Test startete, lag auf der Eject-Leitung keine Spannung an, reagierte die PS3 nur nicht, waren es 3,3 V, auf Power immer 0 V. Gab ich kurz 3,3 V auf die Power-Leitung zum SysCon, ging die Konsole danach an.

Gut, Zwischendiagnose: Die Schaltung zur Auswertung der Berührungssensoren arbeitet nicht oder nicht richtig. Ich hielt die ICs für irgendwelche speziellen Teile für die PS3 und hab mir keine Hoffnung gemacht dazu Informationen zu finden, also erst mal alle ICs stumpf ausgetauscht und vorher noch die Versorgungsspannung kontrolliert. Fazit: Keine Änderung, Versorgungsspannung ist da.

Im nächsten Schritt habe ich die Schaltung mit der aus der v3 verglichen, festgestellt, dass es kleine Unterschiede gibt und das in einem neuen Schaltplan festgehalten. Das sieht dann so aus:



Hab dann Spannungen an diversen Stellen gemessen. Verdächtig war ja, dass gelegentlich bei Eject 3,3 V anlagen, bei Power aber 0 V. Also musste es einen Unterschied geben, obwohl beide Seiten äquivalent aufgebaut sind. Dummerweise gab es aber keine und ich konnte an allen Punkten entweder 3,3 V (Versorgungsspannung) oder 0 V messen, egal ob ich eine Taste gedrückt habe oder nicht. Hab dann doch mal nach den ICs gesucht und stellte mit Erstaunen fest, das sind ganz billige Wald-und-Wiesen-ICs:
- Schmitt Trigger = Invertierer (IC4001, TC74VHC14FT)
- Flipflop (IC4003, TC74VHC74FT)
- Schmitt Trigger (IC4004, TC7W14FU)
Datenblätter findet, wer damit was anfangen kann.

Das Andere ist echt nur eine 6,8 V Z-Diode (UMZ6.8NT106) und eine normale Diode. Auf einem funktionierenden Board konnte ich (mit einem Multimeter) dagegen an allen Stellen ca. 1,6 V messen. Hab versucht zu verstehen, wie eine Logikschaltung mit halbem Pegel funktionieren soll und ich weiß nicht, wieso ich darauf nicht eher gekommen bin, aber dann machte es klick. Da liegen keine 1,6 V an, das ist ein Rechtecksignal mit 3,3 V, im Mittel natürlich ca. 1,6 V. Zurück zum IC4004. Derbekommt an Pin 1 und 3 einen Rechteck, an 5 und 7 kommt er invertiert wieder heraus und gibt den Takt vor, mit dem überprüft wird, ob ein Fühler berührt wird. Da an Pin 1 und 3 von IC4004 auf dem defekten Board aber keine Spannung messbar war, war klar: Das Rechtecksignal fehlt. Die Schaltung läuft also nie und der erste Zustand ist vom Zufall abhängig, daher ändert sich das Verhalten immer.
Das alles ließ sich noch mit einem einfachen Multimeter ermitteln!

Am SysCon sind zwei Quarze angeschlossen, einer mit 32,768 kHz, der andere mit 16,9344 MHz. Es ist unwahrscheinlich, dass der "Prozessor" in dem SysCon nicht mit der Frequenz des schnelleren Quarzes läuft oder dass die Sensortasten mit einer Frequenz im MHz-Bereich abgefragt werden. Also lag die Vermutung nahe, dass das fehlende Rechtecksignal aus den 32,768 kHz gewonnen wird. Der Quarz mit knapp 17 MHz muss laufen, denn der SysCon arbeitet ja, er erkennt die Signale, die hineingehen. Deshalb war die Vermutung, dass der langsame Quarz einfach nicht läuft, aber dem war nicht so.

Gut, um zu testen, ob der SysCon abgesehen von dem fehlenden Rechteck funktioniert, habe ich den Rechteck am funktionierenden Board gemessen, es war Tatsächlich ein Rechteck mit 32,768 kHz. Beim defekten Board habe ich dann die Verbindung zwischen SysCon und Schmitt trigger getrennt und dem Schmitt Trigger extern einen Rechteck mit genau dieser Frequenz gegeben. Siehe da, das Board lief wie es soll. Es fehlt also nur das Rechtecksignal. Nur woher nehmen, damit das Board läuft? Einen weiteren Rechteck gibt der SysCon im Standby dummerweise nicht aus, also habe ich einfach mal den Quarz zusätzlich mit dem Schmitt Trigger verbunden, denn der Quarz gibt ja die gleiche Frequenz aus, nur eben als Sinus, nicht als Rechteck.

Zur Info, ein Schmitt Trigger ist wie gesagt nichts weiter als ein Invertierer. Wie es Logik-ICs so an sich haben, haben die eine harte Schaltgrenze. Von 0 bis knapp zur Hälfte des Pegels gibt er den vollen Pegel aus, knapp über der Hälfte bis zum vollen Pegel gibt er 0 V aus. Daher lässt er sich auch nutzen, um aus einem Sinus einen Rechteck zu erzeugen. Da der eingehende Rechteck sowieso nur auf diesen Schmitt Trigger geht und unabhängig von der Signalform (Sinus oder Rechteck) ein Rechteck herauskommt, kann ich auch einen Sinus draufgeben, in der Schaltung ändert sich dabei nichts.
Siehe da, es funktionierte, die PS3 läuft wieder aus eigener Kraft! Etwas problematisch ist nur, dass der Quarz direkt belastet wird und die Leitung über das halbe Board läuft, daher den Schwingkreis etwas verfälschen könnte Besser wäre es daher direkt in der Nähe des Quarzes einen Schmitt Trigger zu platzieren und das Signal daraus dann auf das IC4004 zu geben. Hab aber gerade keinen zur Hand, den ich da praktisch drin verlöten könnte und es läuft ja auch so.


Reparatur

So sieht das dann konkret aus.



Die Leiterbahn muss bei dem roten X durchtrennt werden, die beiden mit dem gelben Pfeil markierten Stellen werden danach verbunden.
für Interessierte ist noch eingezeichnet, wo die Signale für Power und Eject anliegen, sowie das PWM-Signal für den Lüfter.

Ich hoffe ihr hattest Spaß beim Lesen und konntet ein wenig dabei lernen!

Dragoon

interessant was immer wieder für neue Probleme auftaucen und wie du an diese rangehst.
Hast du echt top gemacht  ;)


Dreier Nuss


RalleBert

Heißa, das war sicher eine elende Sucherei... Wie wärs mit einem neuen Rang ab 20tsd Posts: "Pionier"? ;D

An der Bahn fürs PWM Signal vom 301er könnten interessiete ja dann auch ihr eigenes PWM Signal bei hochgelegtem Pin einschleifen, um eine verbesserte Kühlung zu bekommen, oder auch das ursprüngliche PWM Signal zu modifizieren.

- veni, vidi, ferruminavi -
- ich kam, ich sah, ich l?tete -

Takeshi

Zitat von: RalleBert am 08. November 2013, 22:11:58
Heißa, das war sicher eine elende Sucherei... Wie wärs mit einem neuen Rang ab 20tsd Posts: "Pionier"? ;D

Hey, das würde ja sogar mich betreffen :o Gute Idee ::|

Zitat von: RalleBert am 08. November 2013, 22:11:58
An der Bahn fürs PWM Signal vom 301er könnten interessiete ja dann auch ihr eigenes PWM Signal bei hochgelegtem Pin einschleifen, um eine verbesserte Kühlung zu bekommen, oder auch das ursprüngliche PWM Signal zu modifizieren.

Schon, aber da kannst du auch gleich an die Buchse des Lüfters gehen, denn da geht die Leiterbahn ja hin. Von daher uninteressant. Ich dachte das ist vielleicht eher für die interessant, die die Buchse des Lüfters abgerissen haben.

RalleBert

Achso, die geht direkt zum Lüfterstecker. Ich habe es noch nicht verfolgt, da auch keine Notwendigkeit bestand. Aber ich htte vermutet, das die Signale zwischendrin noch mal verarbeitet werden. Für einen gekillten Lüfteranschluss ist das dann natürlich nicht schlecht zu wissen.

- veni, vidi, ferruminavi -
- ich kam, ich sah, ich l?tete -

Takeshi

Ja, das Signal wird auch verarbeitet, aber das passiert halt vor dem SysCon. Da hab ich aber nicht nachgeguckt, wo das genau reingeht, da ich auch nicht weiß, wie das Signal aussieht. Modifizieren ist eh schwierig.

RalleBert

Naja, anpassen ist auch sicher falsch ausgedrückt, anheben um x-Prozent trifft es eher.

- veni, vidi, ferruminavi -
- ich kam, ich sah, ich l?tete -

Takeshi

Das bringt nicht viel. Dann kühlen die Chips weiter runter, was ja gewollt ist. Das nimmt die PS3 aber zum Anlass das PWM-Signal kleiner zu machen, da die Prozessoren ja "zu kalt" werden und dann hast du mit der Addition das, was du vorher auch schon hattest.

iglitare

kurzer Nachtrag.

Habe ein ähnliches Problem

Allerdings, bei dem VER-001 Board haben die Power und Eject Eingänge des Syscons KEINE Pullupwiderstände wie im Bild abgebildet, sondern Pulldownwiderstände.

Also R4073 und R4074 hängen an Masse, und nicht wie bei den alten Konsolen an 3.3V...

Ob die Eingänge des Syscon beim VER-001 Board trotzdem low-active sind wie im Bild, keine Ahnung.

takeshi schreibt ja:

"Gab ich kurz 3,3 V auf die Power-Leitung zum SysCon, ging die Konsole danach an."
das würde dafür sprechen, dass die Eingänge high-activ sind und nicht wie bei den alten Modellen low-activ, oder?

Takeshi

Ich will nicht ausschließen, dass ich mich da hab von dem alten Manual täuschen lassen.

Ich hab gedacht, dass der SysCon die Signale auf Masse zieht, natürlich eher hochohmig und wenn ich dann 3,3 V auf den Pin gebe, liegt da trotzdem eine Spannung an, da die Quelle dafür ja wesentlich niederohmiger ist. Das war mein Gedanke, aber was du schreibst klingt auch logisch.

iglitare

wobei, wenn da eh ein Taktsignal anliegt sieht das wohl anders aus.

Also war es bei dir im Prinzip so, dass der Syscon teildefekt war und das 32kHz Signal nicht mehr an IC4004 weitergeben hat?

Im alten, originalen Schaltplan heißt der Ausgang im Syscon ja SW_PWM.
Der geht da aber erstmal auf nen Transistor (Q4001) der dann wiederum das PWM-Signal oder den Takt für IC4004 macht.
konntest du den Transistor auf dem VER-001 board finden?


und weißt du zufälligerweise noch ob es beim VER-001 board auch eine 1.8V_Ever Spannung gibt?

Ich konnte bisher nur die 3.3V finden...

Bezüglich Spannungsversorgung des neuen SYSCON SW-301 gibt es keine dokus, hast du da was?

Was genau hast du denn in dem Bild aus deinem 1. post abgeändert im Vergleich zu den alten Schaltplänen?


Takeshi

Der Takt wird ja nur auf die Logik gegeben, das Signal, das zurückkommt, ist nicht getaktet.

Ich weiß es nicht mehr genau, aber ich denke der Transistor (Q4001) war da nicht mehr drin, sonst hätte ich den nicht herausgenommen. Wäre ja auch aufgefallen, schließlich geht das Signal über den Transistor. Der invertiert das Signal ja auch nur und verstärkt es dabei noch, wofür er wahrscheinlich eigentlich da ist.

Wie das mit der Spannungsversorgung war, weiß ich auch nicht mehr genau. Aber bei einem SysCon hab ich mal nur noch 3,3 V gefunden, in einer v7 oder so. Wird da wahrscheinlich auch so sein.

Vergleiche die Schaltbilder doch ;)
Geändert hab ich halt den Transistor, dann auf jeden Fall noch die Pin-Nummerierung am SysCon und an dem IC4003 ist die Beschaltung unten etwas anders, mein ich. Die hatten da irgendwas getauscht.

iglitare

ja stimmt, den Transistor gibt es in der L04 nicht.
Mein Problem war, scheinbar war der 32kHz Quarz defekt. Der brachte keinen Takt.
Mit neuem Quarz startet die Konsole dann wie sie soll, aber halt immer ein schneller YLOD oder es bleibt ne Weile das grüne Licht an und es passiert nichts (obwohl die 12V schon abgeschaltet wurden)
Ich glaube langsam an einen defekten Syscon.

Langsam lohnt sich das aber eh nicht mehr, handelte sich um ne Konsole von jemandem der da schonmal rumgepfuscht hatte.
Und bisher 3 Fehler...
- Kurzschluss auf der 5V Leitung die vom Netzteil kommen (Lötkügelchen zwischen nem Spannungsregler
- defekter Quarz
- YLOD

Wandert dann wohl erst mal wieder in die Kiste bis ich mehr Zeit habe mich damit zu beschäftigen.

Ich glaube kaum, dass die Konsole einen typischen YLOD hat der auf ne gebrochene Lötstelle zurück zuführen ist.
Spannungsversorgungen habe ich so weit ich sehe alle nachgemessen.

Super wäre, wenn man für die Konsole oder besser, für die spezielle Version der Konsole zumindest nen Plan hätte wo die Spannungen alle erzeugt werden und wie hoch sie sein müssten.